Gekoppelte Multiagentensysteme und verteilte optimale Regelungen
Aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Klimanotstands wird die Energiewende weltweit vorangetrieben. Im Jahr 2018 deckten die erneuerbaren Energien 38% des elektrischen Energieverbrauchs in Deutschland. Laut EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) soll ab dem Jahr 2050 ein Anteil von 80% der elektrischen Energieversorgung aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Demzufolge werden stetig konventionelle Kraftwerke (Kohle-, Kernkraftwerke) durch eine Vielzahl von regenerativen Erzeugern basierend auf erneuerbaren Energien ersetzt.
Diese Vielzahl an regenerativen Erzeugern werden oft mit flexiblen Lasten zu Microgrids zusammengeführt. Zur Regelung einzelner Microgrids (Frequenz-, Spannungshaltung) existieren bereits Ansätze. Weitgehend ungeklärt ist jedoch, ob und inwiefern eine Zusammenschaltung mehrerer Microgrids vorteilhaft sein könnte. Ziel meiner Forschung ist also die systemtheoretische Untersuchung einer solchen Zusammenschaltung von Microgrids. Der Informationsaustausch zwischen Microgrids sowie der Mehrgewinn der Zusammenschaltung nehmen dabei eine zentrale Bedeutung an.
Ansprechpartner: M. Sc. Pol Jané Soneira
Plug-and-Play basierte Regelungsansätze auf höhere Ebenen für sektorübergreifende Energiesysteme
Sektorübergreifende Energiesysteme: Die Energiesysteme der Zukunft werden die Strom-, Wärme- und Gasnetze nicht mehr abgesondert betrachtet werden. Stattdessen werden sie dank neuer Kopplungen einen vernetzten, ganzheitlichen Ansatz ermöglichen. Ziel einer solchen gemeinsamen Betrachtung der Energiesysteme ist die Erhöhung der Robustheit und Flexibilität, die durch den Ausgleich der Energieüberschüsse oder -defizite zwischen den verschiedenen Energiesystemen erreicht werden können. Als Beispiel bietet die Vernetzung der verschiedenen Energiebereiche die Möglichkeit, die inhärent schwankenden Erzeugungsprofile der erneuerbaren Energiequellen (EEn) zu kompensieren. Dies ist hinsichtlich des wachsenden Anteils der EEn im Stromnetz zunehmend wichtig und relevant.
Plug-and-Play: Um den aktuellen und zukünftigen Strombedarf emissionsfrei zu decken fordert eine große Anzahl erneuerbarer Energiequellen. Allerdings sind die herkömmlichen zentralen Regelungsstrukturen, die bislang zur Regelung der Großkraftwerke eingesetzt werden, nicht zum Anwenden im Stromnetzte mit einer hohen Anzahl geographisch verteilter EEn geeignet. Ähnlich wie die Peripheriegeräte moderner Rechner würde ein Plug-and-Play basierter Ansatz es Energiequellen ermöglichen, sich nahtlos und ohne eine zentrale Verwaltung mit den Energienetzen zu verbinden oder von ihnen zu trennen.
Auf höhere Ebenen: Neben der Regelung der grundlegenden Variablen der Energienetze (z.B. der Spannungen und Frequenzen für das Stromnetz) müssen übergeordnete Ziele berücksichtigt werden, um einen effizienten und symbiotischen Austausch zwischen den verschiedenen Energiesystemen zu gestalten. Diese übergeordneten Ziele schließen z.B. sowohl die Interaktion und Koordination der verschiedenen Energiesysteme als auch die Betrachtung der Leistungsflüsse ein.
Ansprechpartner: M. Sc. Albertus Malan
Dezentrale, passivitätsbasierte Regelung vernetzter Multi-Energiesysteme
Eine nachhaltige Energieversorgung erfordert Energiesysteme neu zu denken. Im Zuge einer ganzheitlichen Klimaneutralität müssen nicht nur Stromnetze, sondern vernetzte Multi-Energiesysteme bestehend aus den verschiedenen Bereichen Elektrizität, Wärme, Gas, Wasserstoff usw. betrachtet werden.
Im Rahmen meiner Forschung entwickle ich dezentrale Regelungsmethoden für Komponenten wie Erzeuger, Verbraucher und Speicher in verschiedenen Energienetzen. Dabei nutze ich die vereinende, generalisierende Eigenschaft von physikbasierten Methoden (z.B. generalisierte Ersatzschaltbilder, Port-Hamiltonsche Systeme), die Modularität der Systemeigenschaft der „Passivität“ und deren Zusammenhang zur Lyapunov-Stabilität. Die so entwickelten Regelungsverfahren sind modular und skalierbar, wodurch die sehr hohe Komplexität von Multi-Energiesystemen bewältigt werden kann.
Insbesondere die durch die Integration von erneuerbaren Technologien steigende Anzahl an Komponenten (Erzeuger, Verbraucher, Speicher), die immer schneller miteinander dynamisch interagieren (d.h. auf kleineren Zeitskalen), ist damit beherrschbar. Komponenten können hinzu- bzw. abgeschaltet werden, ohne dabei die Regelungen anderer Komponenten zu adaptieren oder Stabilität zu gefährden („Plug-and-Play“).
Ansprechpartner: M. Sc. Felix Strehle
Regelung und Koordinierung von DC Microgrids
Im Rahmen meiner Forschung beschäftige ich mich mit der Regelung und Koordinierung von Erzeugern, Verbrauchern und Speichern in DC Microgrids. Ziel ist die effiziente und sichere Regelung der dynamischen Komponenten im Microgrid.
Bei der Koordinierungsaufgabe werden üblicherweise statische Betriebspunkte berechnet, welche optimale Ökonomie oder minimale Leitungsverluste gewährleisten. Diese Betriebspunkte werden von echtzeitfähigen Primärreglern bestmöglich eingeregelt. Gleichzeitig regulieren diese Primärreglern die Spannungen im Netz, sodass das dynamische Microgrid in gewünschten Arbeitspunkten stabilisiert wird.
In meiner Forschung versuche ich diese hierarchische Regelungsarchitektur aufzubrechen und konventionelle Regler, z.B. grid-forming und grid-following Regler, neu zu denken. Das Ziel ist das Erreichen von optimaler transienter Ökonomie bei gleichzeitiger Stabilisierung des Stromnetzes. Dazu werden neuartige lernende Regler, z.B. Reinforcement Learning Regler, eingesetzt, welche auch Eingangs- und Zustandsbegrenzungen berücksichtigen. Die Stabilität solcher Regler können analytisch (unter Verwendung der Dissipativitätstheorie) nachgewiesen oder numerisch verifiziert werden.
Ansprechpartner: M. Sc. Armin Gießler